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Ein Jahr Corona-Maßnahmen – eine Bilanz

Am 9. März 2020 schrieb ich meinen ersten Blogbeitrag mit dem Titel ‚Der beschädigte Rechtsstaat’. Ich ahnte nicht, welche Bedeutung meine Sätze in einem Jahr haben würden: „Ich mache mir derzeit Sorgen um die Persönlichkeits- und Freiheitsrechte hierzulande, die ein hohes Gut sind, nicht zuletzt in einem Land mit unserer Geschichte... Wie weit darf der Staat gehen und wie weit reicht die Selbstbestimmung des Einzelnen?... Es geht darum, als BürgerIn dieses Staates wachsam zu bleiben, was den Eingriff in unsere Grundrechte betrifft. Wenn sich diese Eingriffe häufen, sollten wir das nicht hinnehmen und schweigen. Es geht um Demokratie!“

Zu dem Zeitpunkt konnte sich wohl keiner von uns ausmalen, was vor uns liegen würde. Vermutlich hofften nicht wenige, dass dieser Spuk spätestens bis zum Sommer vorüber sein würde. Wenige Tage später trat der erste Lockdown in Kraft.

Es begann die Zeit, in der wir nicht mehr selber darüber entschieden, wen wir wann treffen, wohin wir gehen und reisen, was wir tun und ob wir unseren Beruf ausüben können oder nicht.

Menschen mussten feststellen, ob sie systemrelevant sind oder nicht.

Wir lernten, wie Propaganda funktioniert, was eine Gleichschaltung der Medien bewirkt, wir lernten viel über Manipulation und die Macht von Angst. Wir waren damit konfrontiert, dass wir den Tod aus dem Leben ausgeblendet haben. Und dass wir vergessen haben, als Souverän uns um die Demokratie zu kümmern. Nach dem Motto, die da oben werden es schon richten.

Ein Jahr liegt hinter uns, das fast jeden Menschen aus seiner üblichen Bahn geworfen hat. Die Selbstverständlichkeit ging uns verloren. Und brutale Unmenschlichkeit wurde selbstverständlich. In Namen der Pandemie wurden Maßnahmen erlassen, die kaum jemand zuvor in unserem Land für möglich gehalten hätte. Unter dem moralischen Schutzmäntelchen einer sog. Solidarität und eines vermeintlichen Schutzes der Alten und Kranken ließen wir Menschen am Ende ihres Lebens monatelang isolieren und vereinsamt sterben, interessierten wir uns nicht für die Zunahme der Hungertoten auf der ganzen Welt infolge unterbrochener Lieferketten, nahmen wir billigend in Kauf, dass immer mehr Menschen an Depressionen und Angststörungen erkrankten, sich suizidierten und schauten der Aushöhlung unserer Demokratie überwiegend tatenlos zu.

Wir erlebten, wie sich die Gesellschaft spaltete, wie sich unversöhnliche Gräben auftaten zwischen Kritikern und Befürwortern, zwischen Lockdownverharmlosern und Demokratieverteidigern.

Wir erlebten, wie Tatsachen unsagbar wurden, wie jede Kritik an den Maßnahmen zu Hochverrat wurde, wie es nur noch eine Meinung geben durfte und sog. Faktenchecker anfingen, die Wahrheit zu definieren.

Unsere ewige Frage, wie es sein konnte, dass so viele Menschen im Dritten Reich nichts unternommen haben, um die Gräueltaten der Nazis zu verhindern, wurde uns beantwortet, jeden Tag neu. Jeden Tag konnten wir dabei zusehen, wie einfach es ist, Menschen dazu zu bringen zu gehorchen, im Gleichschritt zu laufen, keine Fragen mehr zu stellen und sich gegenseitig zu denunzieren. Wir lernten, dass es verboten ist, Parallelen zur Entstehung der Nazi-Diktatur zu ziehen und damit aus der Geschichte zu lernen, weil wir sonst Holocaust-Leugner oder Nazis sind.

Wir lernten, was Framing bedeutet - die Kunst, Begriffe und Debatten so zu verschieben, dass sich die eigenen Werthaltungen möglichst mehrheitsfähig transportieren lassen: Kritiker wurden zu Corona-Leugnern oder Verschwörungstheoretikern, Demonstranten zu Nazis und das kritiklose Abnicken aller Maßnahmen bedeutete Solidarität.

Wir lernten uns aus dem Weg zu gehen, Abstand zu halten, voreinander Angst zu haben. Wir lernten, dass wir gefährlich füreinander sind, dass wir uns gegenseitig jederzeit den Tod bringen können. Wir lernten, dass es gefährlich ist zu atmen.

Wir lernten unser Gesicht zu verhüllen und durch Masken zu atmen, damit wir nie die allgegenwärtige Gefahr des Virus vergessen. Wir lernten wegzusehen, uns nicht mehr anzusehen. Wir lernten Angst zu haben.

Angst hatten alle – auch diejenigen, die behaupteten keine Angst zu haben. Ob es die Angst vor Ansteckung und Tod, die Angst vor Vereinsamung, die Angst vor Armut oder die Angst vor einer Diktatur war – die Angst verband uns alle, auch wenn wir das nicht wahrhaben wollten.

Wir lernten, dass allein ein Impfstoff uns retten kann. Und so wurde der Impfstoff zu einer gigantischen, quasi-religiösen Projektionsfläche, ausgestattet mir einer Allmacht, die man sonst nur dem Göttlichen zuspricht. So sollen nun die Ergebnisse der Gentechnik, die einem Großteil der Bevölkerung bisher nicht geheuer vorkam, gespritzt in den Oberarm, uns von dem Bösen erlösen. Nun dann....

Was haben wir noch gelernt?

Wir haben gelernt, uns in das Private zurückzuziehen. Wir haben gelernt, dass wir Restaurants, Theater, Kinos, Opernhäuser, Museen gar nicht brauchen.

Wir haben gelernt, dass es besser ist, einen sicheren Job zu haben, statt in einem selbständigen Beruf unsere Talente zu verwirklichen. Man weiß ja nie, wann die nächste Pandemie kommt.

Wir haben gelernt uns anzupassen, zu schweigen, kalte Ravioli auf dem Sofa zu essen, die Zeit mit Zocken und Fernsehen totzuschlagen und dabei zum Helden zu werden.

Wir haben zugesehen, wie Parkbankverweilverbote erlassen wurden, die Spielplätze abgesperrt wurden, wie Eisessen vor Eisdiele zum Verbrechen wurde, wie eine omnipräsente Polizei die Einhaltung der Maßnahmen kontrolliert und wie Menschen nicht mehr von ihren sterbenden Angehörigen Abschied nehmen durften.

Wir haben uns nachts einsperren lassen, weil es so angeordnet wurde.

Wir haben unsere Grund- und Freiheitsrechte widerstandslos abgegeben, weil wir glaubten, dass es besser für alle sei.

Wir haben aufgehört zu denken und zu hinterfragen, weil wir zu faul waren uns eigenständig zu informieren, abseits der üblichen Nachrichtenkanäle.

Wir haben uns eingerichtet in einem Staat, der uns viel vorschreibt und fast alles verbietet. Wir haben uns daran gewöhnt, dass nicht derjenige, der in die Grundrechte eingreift, diese Eingriffe rechtfertigen, sondern derjenige, der seine Grundrechte zurückhaben möchte, sich erklären muss.

Wir haben uns daran gewöhnt, dass unsere Grundrechte nun Privilegien sind, die wir uns durch wohlfeiles Verhalten verdienen müssen.

Wir haben gelernt, dass wir unsere Körper um jeden Preis vor dem Tod bewahren müssen. Und nebenbei haben wir gelernt, dass wir keine Seele haben und nebenbei haben wir vergessen, dass wir geistige Wesen sind.

Haben wir das alles lernen wollen?

Vielleicht sollten wir jetzt anfangen zu lernen, Verantwortung zu übernehmen für unsere eigene Gesundheit und für unsere Demokratie!