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Wie ein Virus die Gesellschaft spaltet

In diesen Corona-Zeiten blüht das Schwarz-Weiß-Denken. Da sind die Solidarischen und die Asozialen, die Maskenträger und die Maskenverweigerer, die Wissenschaftler und die Verschwörungstheoretiker – die Liste ließe sich beliebig lang fortsetzen. Grautöne verschwinden umso mehr, je länger der Lockdown dauert.

In diesen Tagen ist es kaum möglich, öffentlich zu protestieren, für Grundrechte und Demokratie einzutreten, ohne sofort in Schubladen wie rechtspopulistisch oder verschwörungstheoretisch zu landen. Zeichnet sich eine Demokratie eigentlich durch Meinungsvielfalt und Kontroverse aus, so sind diese derzeit wenn noch zugelassen dann zumindest verdächtig. Ein Jesuitenpater, der sich für die Grundrechte ausspricht und gegen das absolute Primat der Gesundheit, wird daraufhin von einem renommierten Journalisten angegriffen, ob er den massenhaften Erstickungstod dafür in Kauf nehmen wolle.
Es scheint so, dass jede Äußerung in Richtung Kritik am absoluten Primat der Gesundheit (wobei Gesundheit hier nicht zutrifft, denn dazu würden auch seelische und geistige Gesundheit gehören – tatsächlich geht es um das rein physische Überleben) mittlerweile als Hochverrat gilt.

Wer kann von demokratiegefährdenden Grundrechtseinschränkungen sprechen, nachdem uns wochenlang Horrorszenarien über qualvolles und massenhaftes Sterben ins Gehirn gedröhnt wurden, ohne sofort als unsolidarischer Unmensch zu gelten?

Schwarz-Weiß-Denken birgt eine immense Gefahr. Wir kennen es aus autoritären Regimen. Wer nicht Freund ist, ist Feind. Wer nicht folgt, ist Verräter.

Schwarz-Weiß-Denken bedeutet immer eine Spaltung in gut und böse ohne jegliche Grautöne. Es schafft Fronten, wo keine sein müssten, und produziert Feindbilder, wo ein gemeinsames Handeln viel mehr ausrichten könnte.

Wo es keine Grautöne mehr gibt, muss alles, was nicht dem eigenen Weltbild entspricht, massiv abgewertet werden. Wer keine Maske trägt, ist dann ein ‚asoziales Schwein’ – der Grauton, es gibt Menschen, die durch ein ärztliches Attest aus medizinischen Gründen davon befreit sind, fehlt.

Vermutlich erleben gerade viele Menschen, wie diese Spaltungstendenz im Alltag spürbar wird, sowohl im eigenen Denken als auch im täglichen Leben.

Wer es wagt an Virologen zu zweifeln, ist dann Verschwörungstheoretiker. Da dies die meisten nicht sein möchten, schweigen sie lieber, statt sich öffentlich zu positionieren. Auch wenn diese Strategie, unliebsame Kritiker durch Abwertung aus dem Weg schaffen zu wollen, banal ist, ist sie wirksam. Bevor man als Verschwörungstheoretiker oder gar als rechtspopulistisch für seine Stellungnahmen gebrandmarkt wird, hält man sich lieber zurück.

In einer Demokratie kann es als Zeichen der ernsthaften Gefährdung derselben verstanden werden, wenn Meinungen abseits des mainstreams derart abgewertet werden müssen.

Dass dies so geschehen kann, ist sicher kein Zufall. Wenn die gängigen Zeitungen und Magazine über Wochen ausschließlich regierungstreu berichten und sich instrumentalisieren lassen, zu helfen Erlasse der Regierung durchzusetzen, sich damit wieder einmal in der Geschichte zu Hofdienern machen lassen, dann mag der Eindruck entstehen, dass es keine anderen Standpunkt geben kann als den eines Robert-Koch-Instituts oder den eines sog. Chefvirologen.

Sprache spielt eine große Rolle bei der Entstehung des Schwarz-Weißdenkens.

Alternativlos – dieses Wort hätte das Potential zum Unwort des Jahres – dieses immer wieder benutzte Wort, dass das Handeln der Regierung alternativlos sei, hat dazu beigetragen, dass jede Kritik, jede Skepsis sofort in Grund und Boden gestampft werden muss. Wer alternativlos handelt, duldet keine Fragen mehr, keinen Widerspruch. Er muss dafür sorgen, dass Kritiker kein Gehör finden, indem sie extremen Ecken zugeordnet und damit unglaubwürdig werden.

Wir sind auf die Alternativlosigkeit eingeschworen – dies hat in wenigen Wochen hervorragend geklappt. Eine bekannte Zeitung, (von der man es nicht erwartete), schrieb, alternativlos sei in der Demokratie nur eines, nämlich die Debatte. Dass diese nicht mehr stattfinden darf, sagt alles über den Zustand unserer Demokratie.

Wir müssen uns aus der Zwangsjacke der Alternativlosigkeit befreien.

Es muss wieder erlaubt sein, die Freiheit als höheres Gut anzusiedeln als das physische Überleben. Es muss erlaubt sein darüber zu streiten. Dann kann eine neue Wertediskussion entfacht werden, dann ist Entwicklung möglich.

Staatliche Bevormundung sowie eine Taktik des Mundtot-Machens, wofür die Maskenpflicht wohl das stärkste Symbol ist, kann nur zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft führen, die früher oder später zu Gewalt und Ausgrenzung führen wird.

Daher ist es unsere Pflicht als BürgerInnen dieses Landes aufzustehen und uns zu positionieren, kritisch und unbequem zu sein und auch dann nicht zu schweigen, wenn wir denunziert, verleumdet oder beleidigt werden.

Demokratie braucht Rückgrat.