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Als ich mein Gesicht nicht bedeckte

Der ganze Maskenball, die ganze Diskussion um eine Maskenpflicht, ist mit Sicherheit ein großes Ablenkungsmanöver. Trotzdem möchte ich an dieser Stelle dazu einen persönlichen Kommentar schreiben.

Ich gehöre zu den Menschen, die aus medizinischen Gründen keine Maske tragen können und dürfen.
Plötzlich bin ich in der Rolle, mich vor jedem Eintritt in ein Geschäft rechtfertigen zu müssen, gegebenenfalls fremden Menschen ein Attest vorzeigen zu müssen, auf dem mein Name und der meines Hausarztes steht.
Der Alltag hat sich verändert. War Einkaufen sonst eine spontane Sache - ach, ich brauche ja noch Zahnpasta oder ich kauf mir noch ein Brötchen beim Bäcker -, muss nun vorher ein Abwägen geschehen: Wie schätze ich das Geschäft ein, wie menschlich sind sie dort, mag ich mir den Extrastress gerade zumuten oder ist mir das zuviel...? Und selbst wenn die Ladeninhaber damit unkompliziert umgehen, was ist mit den anderen Kunden? Möchte ich gerade angestarrt werden oder als unsolidarisch beschimpft werden? Möchte ich mich überhaupt gerade rechtfertigen dafür, dass ich ein Brötchen kaufen gehen will, weil ich Hunger habe?
Ich bin trotzdem einkaufen gegangen mit diesem unguten Gefühl dabei, weil ich glaube, dass sichtbar werden muss, dass es nicht nur diese jetzt schon oft beschworene Front gibt zwischen Maskenträgern und Maskenverweigerern. Zwischen denen, die es begrüßen und damit ihre sogenannte Solidarität kundtun wollen und denen, die es verweigern angeblich wider aller Vernunft. Dass es Menschen gibt, die Masken nicht tragen können, auch nicht für zehn Minuten im Laden oder im Bus.
Die Maskenpflicht ist eine jener fragwürdigen Maßnahmen, die die Gesellschaft gerade spaltet. Seit dem Dritten Reich waren wir in diesem Land nicht mehr gezwungen, unsere Anschauung, Gesinnung oder unsere Erkrankung offiziell preisgeben zu müssen durch Symbole, die für jeden sichtbar sind.
Zugegebenermaßen, abgesehen von meiner ganz persönlichen Betroffenheit hinsichtlich dieses Themas, wird mir in diesen Zeiten sehr mulmig, was die Zustände in diesem Land angeht.
Die offensichtliche Nachweispflicht, dass es mir zugestanden sei keine Maske zu tragen, ist ein weiterer Erdrutsch im Abtragen unserer Demokratie, was allerdings viel zu wenige begreifen. Zudem wünsche ich mir genau an dieser Stelle: Solidarität mit den Kranken. Statt argwöhnische Bespitzelung und Blockwarttum, wie es sein kann, dass jemand ohne Maske im Geschäft steht.
Ich habe Geschäfte bereits am Samstag angerufen und gefragt, wie sie es denn handhaben wollen. Ich bekam die verschiedensten Antworten. Eine davon: Dann müssen Sie eben einkaufen lassen. Toll! Die niedersächsische Gesundheitsministerin kündigte die Maskenpflicht für Monate und Jahre an.... Das heißt also für mich: Kein Brötchen kaufen, wenn ich unterwegs Hunger habe.... keine Medikamente besorgen, die ich gerade dringend brauche.... Kleidung nur noch online bestellen.....? Und den Rest einkaufen lassen, falls ich jemanden habe? Vom Staat in eine Abhängigkeit gedrängt werden, die ich gar nicht brauche und habe?
Menschen, die hier mit vorschnellen Antworten kommen, dass sich doch für alles eine Lösung finden lasse, haben nicht begriffen, worum es geht.
Der Mangel an Empathie in einer angeblich doch so solidarischen Gesellschaft und das fraglose Hinnehmen der Aushöhlung von Demokratie angesichts des verkündeten Primats der Gesundheit lassen mich frösteln.
Denk ich an Deutschland in der Nacht.....
p.s. die mir jetzt anbieten möchten, für mich einzukaufen: das ist sehr nett, aber bitte den Artikel noch einmal lesen
p.p.s. die mir jetzt mitteilen, dass es doch solche Spukschilde gibt als tragbare Visiere, bitte den Artikel noch einmal lesen.