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Querdenker – die Rehabilitierung eines Begriffes

Die Corona-Zeit hat viele unschöne Blüten getrieben. Eine besonders unschöne Blüte ist der Missbrauch der Sprache, die zum Kriegsinstrument in Zeiten gemacht wurde, in denen bitteschön nur die eine Meinung akzeptabel sein sollte, die immer wieder wie die berühmte Sau durch die Medien getrieben wurde. Wir lebten in alternativlosen Zeiten und Kampfbegriffe wurden immer wieder und immer heftiger in die Ecke jener geschleudert, die meinten, sich dem einzigen gültigen Narrativ noch widersetzen zu können. Bekanntermaßen erfand man reichlich Etiketten für die Kritiker, darunter noch etwas harmloser: Aluhut und Schwurbler über deutlich beleidigend: Covidioten bis hin zu jegliche Diskussion vereitelnd: Nazi und Antisemit.

Eine einfache, ja dumme, und gleichzeitig wirksame Methode, Kritiker mundtot zu machen. Und dann eben auch jenes Wort: Querdenker.

Laut Duden eine Person, die eigenständig und originell denkt. Eigentlich ein Kompliment, oder? Querdenker waren und sind oft Vordenker. Unbequeme, mutige Freigeister, die nicht davor zurückschrecken anders zu denken, zu sprechen und zu handeln, als es gesellschaftliche Konventionen verlangen. Menschen, die Visionen für eine bessere Zukunft haben und die unbeirrt ihren eigenen Weg gehen.

Eigentlich das Beste, was uns als Gesellschaft passieren kann, zumal sich die meisten Menschen dem allgemeinen Konformitätsdruck beugen.

Querdenker sollte man fördern, damit sie ihr ganzes Potential an Originalität ausschöpfen können, sei es im wissenschaftlichen, künstlerischen oder politischen Bereich. Wir brauchen Querdenker!

Doch was passierte? Es kam zu einer Pandemie und einige Menschen, die die politisch verordneten Maßnahmen nicht als alternativlos ansehen wollten, versammelten sich unter dem Namen „Querdenken711“ zu einer Demonstration. Nun könnte man glauben, dass Demonstranten als Zeichen einer funktionierenden Demokratie verstanden würden, doch weit gefehlt – in Zeiten von Corona wurden Demonstranten zu Verrückten, zu Verschwörungstheoretikern, Reichsbürgern, Antisemiten, Nazis. Und all dies wurde subsumiert unter dem Begriff: Querdenker. Wer sich kritisch zu den Maßnahmen äußern wollte, schob erst einmal geflissentlich vorweg: Ich bin kein Querdenker, aber....(genauso wie etwas später, als jeder, der öffentlich etwas Kritisches zu den Covid-Injektionen sagte, vorweg schob: Ich bin selber dreimal geimpft, aber....).

Mich beunruhigt es, wenn ein Begriff wie Querdenker nun offenbar derartig negativ besetzt ist, dass er nur noch als Schimpfwort taugt.

Wir leben in einer Zeit, wo wir mehr als je zuvor dringend Querdenker brauchen – man muss nur in die Politik sehen, wo es seit langem an authentischen, mutigen Persönlichkeiten mangelt. Aber auch an den Universitäten brauchen wir junge Querdenker, die sich trauen, ein dogmatisches, wissenschaftliches Narrativ in Frage zu stellen, die sich nicht um ihrer Karriere willen bedingungslos anpassen und rückgratlos durch die Stufen des akademischen Lebens rutschen. Wir brauchen Querdenker in der Kunst und Literatur, die es wagen andere Wege zu gehen, als ein intellektueller Mainstream ihnen vorgibt zu gehen, die mutig genug sind, sich querzustellen und nicht das eigene Denken, das eigene Gestalten dem Gieren nach Stipendien und Preisen unterordnen. Wir brauchen Querdenker unter Kindern und Jugendlichen, die das übliche Lehrmaterial in Frage stellen, die pädagogische Wege kritisieren und bereit sind, eigene Ideen einzubringen. Wir brauchen Querdenker unter Therapeuten und Ärzten, die sich nicht zum Handlanger einer korrupten Politik und Pharmaindustrie machen, die im hippokratischen Eid weiterhin den Leitfaden ihres Handelns sehen. Wir brauchen Querdenker unter den Ingenieuren, die sich nicht gefolgstreu den Ideologismen einer Regierungspartei anpassen, sondern eigene Lösungen finden, die technologische Vielfalt vertreten und sich nicht verbieten lassen frei zu denken. Wir brauchen Querdenker unter Journalisten, die in Krisenzeiten nicht regierungstreu die Hofberichterstattung liefern, sondern rückhaltlos aufdecken, was gerade falsch läuft, ohne Angst um die eigene Karriere.

Wir brauchen sie, die Querdenker! Überall!

Daher sollten wir diesen Begriff wieder neu erfüllen, mit seiner eigentlichen Bedeutung. Und auf keinen Fall seine neue Definition bedienen, indem wir Menschen, die uns irgendwie ungelegen kommen, als Querdenker titulieren.

Die Aufarbeitung der Corona-Zeit bedeutet auch eine sprachliche Aufarbeitung, die damit beginnt, Begriffe wie Querdenker aus jener Bedeutungssoße zu lösen, die dazu diente, Menschen zu verunglimpfen und aus dem Weg zu schaffen, indem man ihre Haltung für indiskutabel erklärte.

Querdenker – das sollte wieder Anerkennung bedeuten, ein Kompliment sein.

Für all jene unangepassten Individuen, die einen wichtigen Beitrag zu unserer Weiterentwicklung als Gesellschaft und als Menschheit leisten.